Schallschutz

In der Vergangenheit wurde immer wieder in Frage gestellt, ob ein Erhalt des Bolzplatzes rechtlich überhaupt möglich ist. Hierzu im Folgenden ein paar Fakten:

 

Das Wichtigste in Kürze: Bolzplatz und Ballspielplatz sind nicht genau definiert (ausführliche Begründung findet sich hier Literatur zum Schallschutz) Aber immerhin in etwa:

 

Bolzplatz: i.d.R. Große Rasenfläche (für 22 Spieler) mit Toren, die auch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt werden darf (=> Der Sportplatz im Innenhof des Quartiers Breisacher Hof ist ein klassischer Bolzplatz). Es gibt aber auch Urteile, die sich auf kleinere Bolzplätze mit festem Untergrund beziehen, wie das Grundsatzurteil des Verwaltungsgerichts BW vom 2014.

 

Ballspielplatz/Ballspielfläche: Kleine Rasenfläche ohne Tore (i.d.R.) neben einem Spielplatz die nur von Kindern genutzt werden darf (bis 14) und daher keinen Schallschutzgrenzen unterliegt = eine kleine Wiese für 6-8 spielende Kinder

 

Der Platz neben dem Jugendzentrum ist nicht genau definiert, entspricht am ehesten einer kleinen Multifunktionsfläche.

(OVG Koblenz: Multifunktionsplatz darf genutzt werden: http://www.aba-fachverband.org/fileadmin/user_upload_2008/recht/Bolzplatz_darf_weiter_genutzt_werden.pdf)

 

Der „Knaller“:  Es existiert ein Schallgutachten vom 26.9.2014 zu der Frage, ob eine Bebauung neben dem Bolzplatz möglich ist. Download hier:

 

Dieses Gutachten wurde weder beim Jugendhearing am 12.6.2015 erwähnt/vorgestellt und auch den Teilnehmern des Bauausausschusses am 15.7.2015 (bewusst?) vorenthalten. Die Gründe hierfür kann man sich gut vorstellen. Darin heißt es nämlich:

 

Auf deutsch: Wenn es (politisch) gewollt ist, gibt es viele Möglichkeiten den Bolzplatz an der jetzigen Stelle in seiner jetzigen Funktion zu erhalten!

Weiter heißt es:

 

4.1 Gebietseinstufung

Die nachfolgenden Lärmschutzoptionen beziehen sich auf eine Gebietseinstufung als allgemeines Wohngebiet (WA). Wäre eine Mischnutzung mit einer Einstufung als MI vorgesehen, könnten bereits ohne Lärmschutzmaßnahmen annähernd die Richtwerte am Tag außerhalb der Ruhezeiten eingehalten werden. Es wären also nur Lärmschutzmaßnahmen bei einer Nutzung des Bolzplatzes in den Ruhezeiten erforderlich, die zudem deutlich geringere Dimensionen aufweisen müssten als dies bei einer Einstufung als WA nötig ist.


Im Klartext: Weißt man das Quartier Breisacher Hof als Mischgebiet aus (incl. Eichamt neben dem Fußballplatz im Innenhof), dann ist der Bolzplatz problemlos zu erhalten.

Der Bauausschuss hat in seiner Sitzung 2011 beschlossen, dass ein Bebauungsplan entwickelt werden soll. Dies hätte eine Gebietseinstufung bedeutet. Wäre man dem gefolgt und hätte das Gebiet als Mischnutzung eingestuft wäre das Problem erledigt. Stattdessen hat (wer???) beschlossen die Entscheidung des Bauausschusses zu ignorieren und keinen Bebauungsplan zu entwickeln. Warum?

Sehr interessant ist ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Baden-Württemberg von 2014 wo sich ein Ehepaar durch alle Instanzen gegen einen Bolzplatz geklagt und verloren hat (siehe Anlage).

Daraus geht hervor, dass keine Lärmschutzverordnung 1 zu 1 auf Bolzplätze anzuwenden ist! (Darauf weist auch das Gutachten vom 16.9.2014 hin).

(siehe Anlage Verwaltungsgerichtshof Leitsatz Nr. 3 auf S. 1): Die Zumutbarkeit des von einem Bolzplatz ausgehenden Lärms kann nicht abschließend anhand von technischen Regelwerken beurteilt werden, da sich weder die TA Lärm oder die 18 BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) (juris: BImSchV 18) (juris: FreiZLärmRL) noch die Freizeitlärm-Richtlinie (LAI-Richtlinie) für derartige Anlagen Geltung beimessen. Die normkonkretisierende Funktion der Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung kann die individuelle Würdigung der von Spiel- und Freizeitanlagen ausgehenden Lärmimmissionen nicht ersetzen; die Verordnung kann jedoch einen Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung bieten (Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 11.02.2003 - 7 B 88.02 - NVwZ 2003, 377).(Rn.34)

 

Und in der Urteilsbegründung heißt es (Seite 11):

 

Damit sind auch Bolzplätze unter dem Vorbehalt des § 15 Abs. 1 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten

zulässig. Zu beachten ist auch die soziale Funktion von Bolzplätzen, weshalb der Einwand

des Klägers nicht durchgreift, es gebe einen weiteren Sportplatz am Ortsrand. Vielmehr müssen

Bolzplätze, auch wenn sie nach dem oben Gesagten nicht auf unmittelbare Nähe zur Wohnbebauung

angewiesen sind, so doch ortsnah gelegen sein, gerade wenn sie - wie hier - sich auch

an Kinder als Benutzerkreis richten.

Außerdem lässt die gegenüber von der 18. BImSchV erfassten

Sportanlagen für organisierten Sport gesteigerte soziale Erforderlichkeit entsprechender Anlagen auch in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung eine entsprechende Korrektur der Richtwerte zu. Die Abwägung zwischen den jeweiligen Interessen fällt daher tendenziell zu Lasten der Anwohner aus. Ausgehend hiervon hat der Kläger die von dem Bolzplatz ausgehenden Geräuschimmissionen auch bei einer umfassenden Interessen-abwägung zu dulden.


Dies bedeutet, dass selbst die Richtlinien / Richtwerte aus dem Schallgutachten vom 16.9.2014 nicht verbindlich sind, sondern im Einzelfall von einem Richter abgewogen und relativiert werden müssten.

Nachdem es in den vergangen 40 Jahren keine einzige Beschwerde über den Bolzplatz gab dürfte diese Entscheidung ziemlich eindeutig ausfallen, auch weil der Bestandschutz für Bolzplätze vor 1991 (BlmSCHV, §5) von 5 db bei der bisherigen Diskussion nicht berücksichtigt wurde.

Ausführliche Begründung / Klarstellung zu  irreführenden Behauptungen im Bauausschuss:

Im Bauausschuss wurden einige Aussagen getroffen, die nach unserer Einschätzung nicht haltbar sind. Z.B.

1. Eine Bebauung neben dem bestehenden Bolzplatz ist nicht möglich.

2. Bei einer Bebauung neben dem Bolzplatz entfällt der bisherige Bestandsschutz des Bolzplatzes.

3. Bolzplatz und Ballspielplatz sind rechtlich genau definierte Begriffe mit jeweils eigenen Kriterien.

4. Eine Errichtung eines Ballspielplatzes im Innenhof Breisacher Hof ist möglich.


Nach unseren Recherchen ergibt sich folgendes Bild:

Zu 1. Und 2. Eine Bebauung neben dem bestehenden Bolzplatz ist nicht möglich / Bei einer Bebauung neben dem Bolzplatz entfällt der bisherige Bestandsschutz des Bolzplatzes.

Für Bolzplätze die vor 1991 errichtet wurden gelten Sonderregelung was den Schallschutz angeht. So schreibt beispielsweise Herr Spinner von ISIS (Ingenieurbüro für Schallimmissionsschutz) in seiner schalltechnischen Untersuchung zu einer Wohnbebauung neben einem Bolzplatz 2010 (Seite 5 /siehe Anhang) in seinem Gutachten:

Auch in weiteren Quellen haben wir keine Anzeichen gefunden, dass der Bestandsschutz eines Bolzplatzes durch eine Wohnbebauung gefährdet wäre. Stattdessen scheint der Bestandsschutz eines Bolzplatzes dann in Gefahr zu sein, wenn er in einer Art und Weise renoviert hat, sodass er einen neuen Charakter enthält und somit als Neubau gelten muss (vgl. Deimel)  

Stattdessen geht es wohl auch darum, welche Lärmschutzverordnung für Bolzplätze gilt. Spinner z.B. vertritt die Ansicht (S.6), dass für Bolzplätze nicht die Sportanlagenschutzverordnung gilt:

Peutz weist in seinem Gutachten darauf hin, dass hierzu widersprüchliche Gerichtsurteile existieren:

Peutz folgert daraus, dass für Bolzplätze oder auch Kleinspielfelder keine konkreten Vorgaben hinsichtlich deren Beurteilung existieren (Peutz, S. 4)

Dies wurde im abschließenden Urteil des Verwaltungsgerichtes BW bestätigt

Zu 3. und 4.: Bolzplatz und Ballspielplatz sind rechtlich genau definierte Begriffe mit jeweils eigenen Kriterien / Eine Errichtung eines Ballspielplatzes im Innenhof Breisacher Hof ist möglich.

Was Bolzplätze eigentlich sind wird von den Autoren sehr unterschiedlich definiert:

ACCON GmbH – Büro für Schall- und Schwingungstechnik  versteht darunter  Grasspielflächen mit fest installierten Toren auf denen bis zu 25 Kinder spielen können (siehe ACCON,  Seite 16). Auch Stüer/Middelbeck vertreten diese Ansicht:

Im Urteil des VG Karlsruhe vom 21.8.2006 wird außerdem deutlich, dass die Größe eines Platzes eine entscheidende Rolle spielt bei der Beurteilung, ob es sich um einen Bolzplatz handelt oder nicht. Im konkreten Fall wurde ein Platz mit den Maßen 25 x 12,5 m als zu klein eingeschätzt um als Bolzplatz zu gelten. Allerdings machte das Gericht deutliche, dass für Sie ein Bolzplatz einen „festen“ Untergrund hat (im konkreten Fall im Unterschied zu einem Sandplatz). Ähnlich äußert sich auch das VG Aachen (2007)

Es scheint also (auch in der Rechtsprechung) keine exakte einheitliche Definition zu geben wann es sich um einen Bolzplatz handelt. Deimel schließt daraus (S.2):

Die Frage, ob es sich bei einem Bolzplatz um eine Sportanlage handelt oder eher um eine kleine untergeordnete Anlage, ist also ausschließlich für den Einzelfall zu entscheiden, gerade wenn es sich um bestehende Anlagen handelt.

Nach unserer Recherche ist diese bislang als Bolzplatz beschriebene Fläche im Quartier Breisacher Hof (direkt an der Breisacher Straße) am ehesten als „Multifunktionsplatze“  zu bezeichnen (siehe OVG Koblenz, Urteil vom 22.8.2007)

Da das grundsätzliche Urteil des Verwaltungsgerichts BW sich auf einen befestigten Platz bezieht, ist es mit Sicherheit auf den hier in der Diskussion als Bolzplatz bezeichneten Platz anzuwenden.

Vor diesem Hintergrund kommt Deimel (S.2)  zu dem Schluss:

„Geht man einmal davon aus, dass es sich in den seltensten Fällen um private Anlagen handelt, somit fast immer die Städte und Gemeinden (mithin ihre politischen Entscheidungsträger) selbst Unterhalter der Anlagen sind, so liegt es auf der Hand, dass es sich bei der Entscheidung zugunsten oder zuungunsten einer Anlage häufig auch um eine politische Entscheidung handeln dürfte.“

 

Wenn wir zusammenfassen, haben wir folgenden Eindruck bekommen:

 

·         Es handelt sich bei der asphaltierten Fläche an der Breisacher Straße eher nicht um einen „klassischen“ Bolzplatz (zu klein, kein Rasen, keine Tore). Aber stattdessen muss die Rasenfläche im Innenhof des Quartiers Breisacher Hof als „klassischer“ Bolzplatz angesehen werden (Rasen, ausreichende Größe, fest installierte Tore)

 

·         Vor diesem Hintergrund erscheint es bei entsprechendem politischen Willen möglich den Multifunktionsplatz an der Breisacher Straße zu erhalten, ggf. mit entsprechenden Maßnahmen wie Einschränkung von Nutzungszeiten, Geräuschdämmung (z.B. Tieferlegung mit Erdböschung etc.)

 

Literatur zum Schallschutz von Bolzplätzen

Weitere Literatur zu Schallschutz von Bolzplätzen und zur Definition von Ballspielplätzen / Ballspielflächen und Bollzplätzen.

Kriterien für ein gelingendes Beteiligungsverfahren

 

Freiburg entwickelt gerade Leitlinien für Beteiligungsverfahren, deshalb schlagen wir vor uns an bereits bestehenden Leitlinien zu orientieren (siehe unten)

 

Konkret haben wir folgenden Vorschlag für die Durchführung des Beteiligungsverfahrens:

 

Vertrauen schaffen durch Transparenz:

 

· Alle Details und Rahmenbedingungen des Beteiligungsprozesses werden vor Beginn des Prozesses geklärt und schriftlich dokumentiert

 

· Keine planerischen Vorbedingungen für das Beteiligungsverfahren (z.B. Bolzplatz muss auf jeden Fall verlegt werden, etc.)

 

· Alle einzelnen Schritte des Verfahrens werden protokolliert, zeitnah allen Beteiligten zur Verfügung gestellt und veröffentlicht (Homepage). Die Veröffentlichung von Protokollen erfolgt nur nach Zustimmung aller Beteiligten. Das Recht zur Veröffentlichung eines eigenen abweichenden (und entsprechend gekennzeichneten) Protokolls ist davon unbenommen.

 

· Die einzelnen Akteure bleiben bis zum Abschluss des Prozesses eingebunden (Vertreter der einzelnen Akteure auch in der Jury, Ergebnisse der Mehrfach­beauftragung werden vor der Entscheidung der Jury in einer öffentlichen Veranstaltung (Jugendhearing II) präsentiert und ein Votum der Beteiligten eingeholt)

 

· Es werden in der Mehrfachbeauftragung nicht nur die erarbeiteten Kriterien (Matrix)

 

berücksichtigt, sondern auch die Planungsideen der Akteure (SJZ, Bewohner, Jugendliche)

 

· „Jugendgemäße“ Strukturierung und Ablauf des Verfahrens (z. B. einen „Übersetzer“, der den aktuellen Stand der Diskussion jugendgemäß erläutert. Des Weiteren jugendgemäße Erläuterung der Planungsentwürfe im Rahmen des Jugendhearings II durch das Jugendbüro, Begleitung der Jugendlichen durch eine vertraute Person in der Vorbereitungsgruppe und der Jury).

 

 

 

Literatur:

 

Leitsätze für gelungene Bürgerbeteiligung der Stadt Mannheim, online unter:

 

http://www.netzwerk-buergerbeteiligung.de/fileadmin/Inhalte/PDF-Dokumente/Leitlinien_neu/mannheim_leitsaetze.pdf

 

FACHGESPRÄCH KOMMUNALE BÜRGERBETEILIGUNG. WIE ERFOLGREICHER BÜRGERDIALOG AUSSEHEN KANN FRAKTION BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, HESSISCHER LANDTAG, WIESBADEN, 16. MAI 2013, online unter:

 

http://www.gruene-hessen.de/landtag/files/2013/05/B%C3%BCrgerbeteiligung_Grobe2013.pdf

 

Leitfaden für Bürgerbeteiligung in der Landesverwaltung. Führungsakademie Baden-Württemberg, 20. Führungslehrgang 2012/2013 online unter:

 

https://fueak.bw21.de/Downloadbereich/Downloadbereich/F%C3%BChrungslehrgang/Leitfaden%20B%C3%BCrgerbeteiligung%20in%20der%20Landesverwaltung.pdf